Lesetipps von der Buchhandlung „blaue Blume“ 04.04.

Niklas Natt och Dag – 1793
Im Jahr 1793 zieht der Haudegen Michael Cardell eine verstümmelte Leiche aus einem üblen Gewässer Stockholms: Dem Mann wurden zu Lebzeiten alle Gliedmaßen abgetrennt, die Augen ausgestochen und die Zähne ausgeschlagen. Der Fall landet bei Cecil Winge, einem schwerkranken „Sonderermittler“, der keine Hemmungen kennt, auch in den dunkelsten Ecken der schwedischen Hauptstadt zu ermitteln und sich mit den mächtigsten Kreisen anzulegen. Die Suche nach den Hintergründen der Tat führt den Leser durch alle Schichten der Gesellschaft: trostlose Armenbehausungen, stinkende Stadtviertel, korrupte Beamte, dekadente Adlige. Zur Zeit der Französischen Revolution steht auch Stockholm an der Schwelle eines neuen Zeitalters. Niklas Natt och Dag führt ins in seinem international erfolgreichen Krimi in die düsteren Ecken der Stadt und erzählt eine packende Geschichte, die großen Sog entwickelt. (Aus dem Schwedischen von Leena Flegler)
Krimi | Piper | 494 Seiten | 16,99 Euro

Annelies Verbeke – Dreißig Tage
Roman | Residenz | 340 Seiten | 22,00 Euro
In Belgien mit dem Ferdinand-Bordewijk-Preis 2015 für das beste in niederländischer Sprache verfasste Prosawerk und dem Opzij Literaturpreis 2016 ausgezeichnet: Kat lässt sich nach überstandener Krankheit mit ihrem Freund Alphonse in einem kleinen flämischen Dorf nieder. Alphonse lebt seit seiner Kindheit in Belgien, aber seine Eltern stammen aus dem Senegal, was man natürlich seiner Hautfarbe ansieht. 30 Tage werden nun heruntergezählt, in denen Alphonse als Maler und Monteur arbeitet, Zugang zu Herzen und Geheimnissen bekommt, eine erfüllende Liebe zu Kat aufbauen möchte, mit Eifer und Freundlichkeit Anschluss zu finden versucht – und für den doch alles auf jenen letzten Tag zuläuft, an dem alles anders wird. – Annelies Verbeke (Schlaf!) erzählt unaufgeregt und klar, aber zugleich sehr fesselnd von einem sympathischen Mann, der sich unablässig fragen muss, wie ihn die anderen wohl sehen. Und auch als LeserIn wird man mit dieser Frage konfrontiert. (Aus dem Niederländischen von Andreas Gressmann)

Herbert Kapfer – 1919. Fiktion
Sachbuch | Kunstmann | 421 Seiten | 25,00 Euro
1919 war ein Jahr des Umbruchs, der Unsicherheit und Ängste, aber auch eines voller Visionen und Hoffnungen. Der Publizist Herbert Kapfer montiert zahllose (dokumentarische wie fiktive) Quellen, um die damals herrschende Stimmung nachvollziehbar werden zu lassen: Zeitungsberichte, Tagebucheinträge, Romanausschnitte, Aufsätze, Briefe, Theatertexte, Reden … wechseln in ihren gänzlich unterschiedlichen Stilen einander ab. Völkische Ideen treffen auf Dadaismus, Wünsche ehemaliger Weltkriegssoldaten auf Alltagssorgen und Trivialliteratur auf kommunistische Utopien. Jedes Kapitel wirkt für sich, jeder Text steht gleichberechtigt neben den anderen, und im Zusammenhang ergibt sich eine absolut faszinierende Gesamtschau einer Gesellschaft. Was wäre alles möglich gewesen, fragt man sich unwillkürlich bei der Lektüre und schaut auf aktuelle Tendenzen in der Gegenwart, in der wieder vor lauter Verunsicherung nach starken, nationalen Lösungen und Führungspersönlichkeiten gerufen wird.

Thilo Reffert – Linie 912
Kinderbuch (ab 8) | Klett Kinderbuch | 108 Seiten | 13,00 Euro
30 Minuten braucht die Buslinie 912 von der Poststraße bis zur Schule. 30 Minuten sind eine Menge Zeit, in der Einiges passieren kann, wie dieses großartige Buch beweist: Leon fährt an seinem Geburtstag, an dem es nur ein blödes Fahrrad und kein Smartphone gab, zur Schule, die selbstgebackenen Muffins unterm Arm. Warum starrt das Mädchen, das heute zum ersten Mal mitfährt, die ganze Zeit auf auf sein Essen? Hat der Busfahrer unter der Sonnenbrille überhaupt Augen? Was will der Außerirdische Uland im Bus? – Thilo Reffert erzählt voller Einfallsreichtum und Witz zehn Geschichten aus zehn Perspektiven, die weit über die einfache Fahrt zur Schule hinausgehen und nach und nach ein Bild ergeben – raffiniert! Und gut gegen schlechte Laune und negative Gedanken ist sein Buch sowieso. Mit zahlreichen Schwarz-Weiß-Illustrationen von Maja Bohn.

Oliver Schlick – Penny Maroux und das Geheimnis der 11
Kinderbuch (ab 10) | Ueberreuter | 352 Seiten | 14,95 Euro
Die Halbwaise Penny macht sich immer mal wieder Gedanken, die die anderen Kinder in ihrer Klasse für Spinnereien halten. Erzählt der Wind etwas mit seinem Rauschen? Wie fühlen sich Pflanzen? Durch ihre ganz eigene, sehr fantasievolle Art fällt es ihr schwer, echte Freunde zu finden. Doch ganz allein ist sie offenbar nicht: Am 11. Juli, ihrem 11. Geburtstag, erhält Penny eine Karte der mysteriösen Elfer-Kinder. Sie soll fortan besonders achtgeben, wenn die 11 in ihrem Leben auftaucht, erfährt sie dort. Was es mit diesem Geheimnis wohl auf sich hat? Penny könnte Unterstützung gut gebrauchen, doch dazu muss sie eben erst herausfinden, wer diese Elfer-Kinder eigentlich sind. – Ein funkelndes, warmherziges und auf jeder Seite sehr humorvolles Buch über das Anderssein: Penny ist stark genug, sie selbst zu sein, auch wenn sie immer wieder erfahren muss, dass andere ihr einen Stempel aufdrücken.

Quelle Text/Bild:
buchhandlung blaue blume
Richard-Wagner-Str. 46
67655 Kaiserslautern

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Kaiserslautern, 04.04.2019