„Gründer des Jahres“: Neue Technik für automatische und flexible Produktion von Speichenrädern aus Verbundwerkstoffen

Schon in Fresken im alten Ägypten tauchen sie auf: Speichenräder. In ihrer grundlegenden Form haben sie sich nicht verändert. Sie finden sich bei Fahrrädern, Autos und in der Industrie. Bislang war die Herstellung mit hohen Kosten verbunden und so für viele Anwendungen unattraktiv. Anders sieht es bei einem Verfahren des Start-ups Evolime aus, einer Ausgründung des Leibniz-Instituts für Verbundwerkstoffe: Damit ist eine auf Kundenwünsche zugeschnittene Produktion automatisiert möglich. Für seine Arbeit wurde das junge Unternehmen mit dem Preis „Gründer des Jahres“ ausgezeichnet. Er wird jedes Jahr von der Science and Innovation Alliance Kaiserslautern (SIAK) gemeinsam mit der TU Kaiserslautern und der Hochschule Kaiserslautern verliehen.

Um Speichenräder aus Faser-Kunststoff-Verbund, kurz FKV, zu bauen, braucht es Zeit. „Der Prozess ist mit vielen Arbeitsschritten verbunden, auch ist viel davon nur in Handarbeit machbar“, sagt Dr. Marcel Bücker, der sich schon lange mit Faser-Kunststoff-Verbunden befasst. „Darüber hinaus muss hierbei viel von dem teuren Material verwendet werden, da ein großer Anteil an Verschnitt anfällt“, so Bücker weiter.

Ganz anders sieht es jedoch bei dem Verfahren aus, das Bücker mit seinen Kollegen Dr. Thomas Robbert und Valentin Hörtdörfer am Leibniz-Institut für Verbundwerkstoffe entwickelt hat. Die Gründer haben ihren Firmensitz mittlerweile in Freinsheim im Kreis Bad Dürkheim. „Im Vergleich zu herkömmlichen Prozessen können wir die Räder mit unserem dreistufigen Verfahren wesentlich effizienter herstellen“, erläutert Betriebswirt Robbert. Das Verfahren arbeite außerdem verschnittfrei und habe daher eine sehr gute Umweltbilanz.

„Im Kern handelt es sich um ein sogenanntes Nasswickelverfahren, bei dem Fasern automatisiert auf kleine Formteile aufgewickelt und dabei gleichzeitig zu Radstrukturen umgeformt werden“, erklärt Bücker. Zunächst stellen die Ingenieure dazu mit einem 3D-Drucker Formen aus ökologisch abbaubarem Kunststoff her. Die genaue Form gibt dabei ein Computerprogramm vor. Sie kommen im Anschluss bei der Produktion der Räder zum Einsatz und werden auf einer rotierenden Werkzeugplatte mit einem Faserband umwickelt. „Das geht so lange, bis die gewünschte Dicke für die Speichen erreicht ist. Anschließend wird das noch weiche Band zu einem Speichenstern umgeformt“, fährt Bücker fort. In einem letzten Schritt kann bei Bedarf ein weiteres Faserband um die Speichen gewickelt, sodass ein komplettes Rad entsteht. Nachdem der Kunststoff ausgehärtet ist, werden die Formteile entfernt. Das Speichenrad ist fertig.

Interessant ist die Technik unter anderem für den Maschinenbau. Viele Räder, die hier zum Einsatz kommen, bestehen derzeit aus Kostengründen noch aus Metall. Hier könnten die neuen Räder herkömmliche Versionen ersetzen und so deutlich Gewicht und damit Energie einsparen. Des Weiteren sind aber vor allem Mobilitätsanwendungen interessant. So beginnen die Kaiserslauterer Forscher gerade damit, mit ihrer neuen Marke „ONE-K Wheels“ den Fahrradmarkt zu revolutionieren.

Im September wurden auf der führenden Leitmesse EUROBIKE in Friedrichshafen die von ihnen entwickelten Speichensterne aus Faser-Kunststoff-Verbund vorgestellt. Sie sind perfekt für den Einsatz bei sportlichen Rennrädern und Mountainbikes geeignet, bei denen das Gewicht eine zentrale Rolle spielt. Mit der Technologie aus Kaiserslautern ist es möglich, das Gewicht im Vergleich zu herkömmlichen Premiumstahlspeichen um bis zu 60 Prozent zu reduzieren. Laufräder mit diesen Speichen gehören mit Gewichten unter 1.000 Gramm damit zu den leichtesten Produkten weltweit – entsprechend freuen sich die Gründer bereits jetzt über viel internationalen Zuspruch.

Die Entwicklung bis zur Markreife wurde im Rahmen eines EXIST-Forschungstransfers mit dem Namen CompoSpoke durch das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie und den Europäischen Sozialfond gefördert. Darüber hinaus steht ihnen das Gründungsbüro der TU Kaiserslautern und der Hochschule Kaiserslautern beratend zur Seite.

Den Transferpreis „Gründer des Jahres“ vergeben die Technische Universität Kaiserslautern (TUK) und die Hochschule Kaiserslautern (HS) gemeinsam mit der SIAK. Der Preis wird jährlich verliehen und würdigt besondere Gründungen aus TUK, HS und den Kaiserslauterer Forschungsinstituten, die dem Transfer von Technologie aus der Wissenschaft in die Wirtschaft dienen. Solche Ausgründungen bleiben meist in der Region und schaffen Arbeitsplätze, wodurch sie wiederum die Region stärken. Neben einem Preisgeld in Höhe von 3.000 Euro erhalten die Gründer einen Imagefilm, der hilft, die technologische Exzellenz der Region in der Öffentlichkeit sichtbar zu machen.

Bu: Die Gründer (v.l.n.r.) Marcel Bücker, Valentin Hörtdörfer und Thomas Robbert.
Foto: Evolime

Quelle Text/Bild:
TU Kaiserslautern
Hochschulkommunikation
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Kaiserslautern, 07.10.2021