Direkte Subventionierung von Erneuerbaren Energien gefährdet Energiespeicher und die Erfolgsaussichten der Energiewende

Wie lässt sich die Energiewende nachhaltig realisieren: Erneuerbare Energien finanziell fördern oder Kohlenstoffemissionen bepreisen? Und wie wirkt sich der Zubau von regenerativen Energien auf das Gesamtsystem aus? Das Forschertrio Dr. Adhurim Haxhimusa (FH Graubünden), Prof. Dr. Mario Liebensteiner (FAU Erlangen-Nürnberg) und Fabian Naumann (TU Kaiserslautern) hat im Rahmen einer Studie insbesondere die Rolle von Pumpspeicherkraftwerken untersucht – der derzeit einzigen Technologie, um vorhandene Produktionsschwankungen auszugleichen. Ihr Fazit: Indem sie die Marktpreise senkt, gefährdet die direkte Förderung Erneuerbarer Energien den wirtschaftlichen Betrieb ihrer eigenen Speicher. Um den Erfolg der Energiewende zu sichern, raten die Forscher daher zur CO2-Bepreisung.

Um den Einfluss der Erneuerbaren Energien im Gesamtgefüge darzustellen, hat das Forschertrio in der Forschungsarbeit „Subventionierung Erneuerbarer Energien oder CO2-Bepreisung? Auswirkungen auf Energiespeicher“ konkret die Ertragskraft der Energiespeicher für den deutsch-österreichischen Markt analysiert. Mit Hilfe eines statistischen Modells zeigen die Wissenschaftler: Die operativen Profite der österreichischen Pumpspeicherkraftwerke, die die benötigten Pufferkapazitäten für das Energiesystem bieten, sind durch den sogenannten „Merit-Order-Effekt“ im Zeitraum von 2015 bis 2018 um bis zu 25 Prozent gesunken.

„Um dem Klimawandel und dessen Folgen entgegenzuwirken, wird der Ausbau Erneuerbarer Energien in vielen Ländern gefördert. Technologien wie Wind- und Solaranlagen weisen jedoch naturbedingt Schwankungen in der Erzeugung auf und stellen damit eine große Herausforderung für die Netzstabilität dar. Speichertechnologien, welche die Produktionsschwankungen abfangen können, tragen demnach in großem Maße dazu bei, ob die deutsche Energiewende zu einem Erfolg wird“, erläutert Fabian Naumann, wissenschaftlicher Mitarbeiter am Lehrstuhl Volkswirtschaftslehre, Fachgebiet Ressourcen- und Energieökonomik, der TU Kaiserslautern.

Während Deutschland die größten Kapazitäten Erneuerbarer Energien in Europa aufweist, werden die großen österreichischen Speichermöglichkeiten als die „Batterie von Europa“ bezeichnet. Das grundlegende Geschäftsmodell von Pumpspeicherkraftwerken liegt darin, die Preisunterschiede für das Speichern und Entladen eines Wasserreservoirs über die Zeit zu nutzen. Hierfür wird in Zeiten mit niedrigen Energiepreisen (zum Beispiel nachts, wenn die Stromnachfrage gering ist) Wasser mittels Pumpleistung aus einem unteren Wasserbecken in den oberen Speichersee befördert und dort gespeichert. Hingegen steigen der Energiebedarf und somit die Stromgroßhandelspreise tagsüber. Das nutzen Pumpspeicherkraftwerke, um das gespeicherte Wasser aus dem oberen Reservoir abzulassen, mittels Turbinenleistung Energie zu erzeugen und diese anschließend zu verkaufen.

„Der Ausbau von Erneuerbaren Energien führt jedoch zum sogenannten ‚Merit-Order-Effekt‘: Um den Energiebedarf von Industrie und Haushalten zu decken, ersetzen regenerative Energiequellen, welche kostengünstig Energie erzeugen können, unter anderem Gaskraftwerke, die durch den Brennstoffeinsatz höhere Produktionskosten aufweisen“, erklärt Prof. Mario Liebensteiner. „Als Resultat sinkt der Großhandelspreis, da der Energiebedarf mit günstigerem Kraftwerkseinsatz bereitgestellt werden kann. Die Erzeugung der Windenergie ist über den Tagesverlauf relativ konstant, wohingegen die Sonnenenergie lediglich tagsüber zur Verfügung steht – das Preisniveau wird somit insgesamt gesenkt, besonders tagsüber, wenn Speichertechnologien Energie erzeugen. In Folge dessen wird die Profitabilität von Pumpspeicherkraftwerken negativ beeinträchtigt, wie wir es in unserer Studie für die österreichischen Betreiber nachweisen konnten. Langfristig kann das sogar dazu führen, dass weniger in die systemrelevanten Energiespeicher investiert wird. Dabei ist zu beachten, dass Pumpspeicherkraftwerke die derzeit einzige Technologie darstellen, um Energie kostengünstig und in großem Maßstab speichern zu können.“

Das Forscher-Trio findet diese Entwicklung besorgniserregend, da der weitere Ausbau Erneuerbarer Energien mittels direkter Förderung diese Effekte verstärken werde. „Beispielsweise plant Deutschland den Anteil Erneuerbarer Energien bis 2050 auf 80 Prozent anzuheben – 2019 waren es noch 46 Prozent. Es scheint paradox, dass die Produktionsschwankungen von Erneuerbaren Energien einerseits die Flexibilität und Kapazität von Speicheranlagen benötigen, andererseits dem Ertrag dieser Kraftwerke entgegenwirken und folglich Investitionsanreize senken – aber es ist eine Tatsache, die wir in die Rechnung einbeziehen müssen“, ergänzt Dr. Adhurim Haxhimusa, der dritte Forscherkollege im Verbund.

Einen effizienteren Lösungsansatz sehen die Wissenschaftler in einer CO2-Bepreisung anstelle einer direkten Subventionierung Erneuerbarer Energien. „Das Ziel einer intensiveren CO2-Bepreisung ist es, dass emissionsintensive Erzeugungstechnologien im Vergleich zu emissionsarmen teurer werden“, sagt Naumann. „Ein hoher und stabiler CO2-Preis setzt dadurch langfristig Anreize den Strommarkt emissionsärmer zu gestalten. Dadurch könnte wiederum die Erzeugung aus vergleichsweise emissionsarmen Technologien wie etwa Gas generell günstiger für die Deckung des Energiebedarfs sein als die Produktion aus emissionsintensiven Technologien wie etwa Kohle. Mit Hilfe dieser Brennstoffumstellung („fuel switch“) lassen sich Emissionen signifikant reduzieren. Bei Bedarfsspitzen ist die Stromgewinnung teurer und lässt den Großhandelspreis ansteigen, wodurch sich die Erträge der Speicheranlagen ebenfalls erhöhen. Folglich erleben auch Erneuerbare Energien verstärkte Investitionsanreize, da sich die erzeugte Energie zu einem höheren Marktpreis verkaufen lässt.“

Die durchschnittliche CO2-Bepreisung durch den Europäischen Emissionszertifikatehandel lag im Untersuchungszeitraum bei lediglich 7 Euro pro Tonne CO2 (€/tCO2) und konnte dadurch die Erträge der Pumpspeicherbetreiber lediglich um 9 Prozent erhöhen. „Ohne eine CO2-Bepreisung hätten die Erträge noch stärker als 25 Prozent abgenommen“, warnt Liebensteiner. Für einen Emissions-Zertifikatspreis von 25 €/tCO2, welcher das aktuelle Niveau widerspiegelt, ergibt das statistische Modell des Forschungsteams eine Ertragssteigerung von rund 32 Prozent. Eine CO2-Bepreisung kann somit den unerwünschten Effekten der direkten Subventionierung Erneuerbarer Energien entgegenwirken, sollte diese hoch genug ausfallen.

„Wir wissen, dass die Abschaffung der Subventionierung Erneuerbarer Energien hin zu einem höheren CO2-Preis politisch nicht umsetzbar ist, da beispielsweise Einspeisevergütungen für Jahrzehnte garantiert sind“, resümiert Haxhimusa. „Jedoch raten wir dringend dazu, im Rahmen der Klimapolitik die CO2-Bepreisung zu intensivieren, da es sich um eine wirkungsvolle Maßnahme handelt, um effizient Emissionen zu reduzieren und zugleich die Ertragskraft von systemrelevanten Energiespeichern zu sichern ebenso wie Investitionen in diese aufrechtzuerhalten.“

Die Arbeit des Forschertrios „Subsidizing Renewable Energies or Pricing Carbon? Causal Effects on Energy Storages“ ist online abrufbar unter:

https://vwl-re.wiwi.uni-kl.de/fileadmin/vwlre.wiwi.uni-kl.de/Dokumente_Fabian/PumpStorage.pdf

Quelle Text/Bild:
TU Kaiserslautern
Hochschulkommunikation
Gottlieb-Daimler-Straße 47
67663 Kaiserslautern

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Kaiserslautern: 11.09.2020