Tarifkonflikt im ÖPNV – Ausgangslage für die Arbeitgeber unverändert

Die Ausgangslage im Tarifkonflikt mit ver.di ist für die Arbeitgeberseite nach wie vor unverändert.

Abermals warten die privaten Busunternehmen in Rheinland-Pfalz darauf, dass ein politisches Versprechen eingelöst wird. Nachdem die damalige Staatssekretärin und heutige Staatsministerin im Ministerium für Klimaschutz, Umwelt, Energie und Mobilität (MKUEM) der Arbeitgeberseite schriftlich zugesichert hatte, dass „auch für das Jahr 2022 Zahlungen geleistet werden“ und das Land auch im Jahr 2022 „die Erhöhung des Stundenlohns auf 17,20 € zu 50 % fördern würde“, hat die VAV am 25.11.2021 gemeinsam mit ver.di einen Lohn- und Gehaltstarifvertrag ratifiziert, der u.a. für das Fahrpersonal im ÖPNV einen „Lohnsprung“ auf 17,20 € vorsieht. „Auf die Einlösung dieses Versprechens warten die privaten Busunternehmen nunmehr seit mehr als vier Monaten“, so der Geschäftsführer der VAV, RA Heiko Nagel. Dies hat zur Folge, dass die ÖPNV-Unternehmen seit Januar 2022 und damit im vierten Monat einen Personalkostenanteil von bis zu 680,00 € pro Fahrer und Monat vorfinanzieren müssen. „Bei einem mittelständischen Unternehmen mit beispielsweise 30 Mitarbeitern im Fahrdienst bedeutet dies monatliche Mehrkosten von ca. 20.000 €; den Arbeitgeberanteil an der Sozialversicherung nicht eingerichtet“, beschreibt Nagel die dramatische Situation in den Busunternehmen. „Diese Mehrkosten waren in keinem Betrieb einkalkuliert, und müssen deshalb Monat für Monat durch die Ersparnisse der Unternehmen aufgefangen werden“, ergänzt der Geschäftsführer.

Die Ankündigung von Herrn Staatssekretär Michael Hauer nunmehr 6 Millionen für das erste Halbjahr freigeben zu wollen, ist also nicht anderes, wie ein im letzten Jahr abgegebenes Versprechen mit deutlicher Verzögerung nunmehr endlich einlösen zu wollen. „Zu meinen, mit der Ankündigung, die Zuschüsse für die Monate Mai und Juni im Voraus zu leisten, den Betrieben etwas Gutes zu tun, ist grotesk, wenn man bedenkt, dass diese ihrerseits 4 Monate vorfinanzieren mussten, und auch die Lohnsteigerung auf 15,00 € in den Monaten September bis Dezember 2020 mit einem Gesamtvolumen von mehr als 7 Millionen Euro trotz anderslautender politischer Versprechen komplett aus der eigenen Kasse zahlen mussten“, bringt Nagel seine Verärgerung zum Ausdruck. Im Übrigen sind die Arbeitgebervertreter mittlerweile vorsichtig mit irgendwelchen Aussagen. „Fakt ist, dass das Geld noch nicht auf den Konten der Unternehmen ist. Fakt ist auch, dass die Refinanzierung der Lohnerhöhung um insgesamt 28% im Durchschnitt im zweiten Halbjahr noch völlig ungewiss ist“, bleibt Nagel skeptisch. Im Übrigen ist nach wie vor nicht gewährleistet, ob die in Aussicht gestellten Finanzmittel überhaupt ausreichen, um die Lohnsteigerung, wie sie in der Höhe von keiner anderen Branche umgesetzt wurde, zu kompensieren. „Wir haben da so unsere berechtigten Bedenken“, so Nagel.

Nach wie vor fehlt eine fortgeschriebene Verwaltungsvorschrift und damit die Rechtsgrundlage, die es den Verbünden ermöglicht, die Abschläge auf dem Niveau des Stundenlohnes von 17,20 € an die Verkehrsunternehmen zu zahlen. Das heißt, die an die Verkehrsunternehmen geleisteten Abschlagszahlungen bewegen sich seit Januar dieses Jahres auf dem Tarifniveau aus dem Jahr 2020, und damit um bis zu 4,00 € unter dem, was tarifvertraglich gezahlt werde muss.

Aktuell sind noch nicht von allen Aufgabenträgern die Beschlüsse für eine Refinanzierung des Lohnanstiegs auf 17,20 € in den Kommunalparlamenten herbeigeführt wurden. „Die fehlende Rechtsgrundlage gekoppelt mit der Ungewissheit, wie es ab Juli 2022 weitergehen wird, ist sicherlich nicht dienlich dafür, dass sich hieran etwas ändert.“, so Nagel.

Zu dem mit ver.di ausgehandelten Entwurf eines Manteltarifvertrags ist aus dem Ministerium bislang kein Wort zu hören. Seit Februar liegt der Entwurf dem Ministerium vor. Konkrete Aussagen der Politik dazu, welche Teile hieraus in welcher Höhe von der öffentlichen Hand refinanziert werden können, fehlen seitdem ebenso, wie auch der ursprünglich zum 01.01.2021 versprochene RLP-Index. „Es ist mehr als ernüchternd, dass es bis heute trotz fortwährender, mit konkreten zeitlichen Angaben fixierten Ankündigungsterminen nicht gelungen ist, das von den ÖPNV-Unternehmen dringend benötigte Indexverfahren zu entwickeln“, zeigt Nagel wenig Verständnis.

Wir können die Verärgerung der Busfahrerinnen und Busfahrer nachvollziehen; sie werden ebenso wie auch die Arbeitgeber immer wieder vertröstet und hingehalten. Allerdings kann die Arbeitgeberseite ohne eine verbindliche und rechtssichere Zusicherung der Refinanzierung den Forderungen aus dem Manteltarifvertrag nicht entsprechen; noch nicht einmal annähernd. Die Arbeitgebervertreter haben nunmehr schon zu oft, auf Aussagen der Politik vertraut, und sind enttäuscht worden. Den Manteltarifvertrag werden und können wir erst unterschreiben, wenn wir verbindlich wissen, welche Änderungen hieraus in welcher Höhe auf welcher Grundlage refinanziert werden. „Der Ball liegt bei der Politik. Nur die Politik kann weitere Streiks im ÖPNV verhindern!“, macht Nagel seine Erwartungshaltung deutlich.

Die nunmehr wieder seit Monaten ausstehenden Zahlungen der öffentlichen Hand gekoppelt mit der Preisexplosion bei den Treibstoff- und Energiekosten führt bei vielen ÖPNV-Unternehmen zu massiven Liquiditätsengpässen. Es ist zu befürchten, dass kurz- bis mittelfristig die Verkehre nicht mehr in dem gewohnten Maße aufrechterhalten werden können. „Die Politik muss jetzt endlich Farbe bekennen“, so Nagel zum Abschluss.

Quelle Text/Bild:
Vereinigung der Arbeitgeberverbände Verkehrsgewerbe Rheinland-Pfalz e.V.
Lauterstraße 17
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Kaiserslautern, 28.04.2022