Die Generation „Babyboomer“ im Blick: Wie sieht der optimale Wohnstandort aus?

Die Carl-Zeiss-Stiftung fördert das Forschungsvorhaben „Ageing Smart – Räume intelligent gestalten“ an der TU Kaiserslautern (TUK) mit rund 4,3 Mio. Euro. Das Projekt adressiert die geburtenstarken Jahrgänge 1955 bis 1969. Da diese sukzessive ins Rentenalter eintreten, sind Kommunen gefordert, altersgerechte Wohnstandorte und Versorgungstrukturen zu schaffen. In einem integrierten Ansatz bringen die Forschenden daher erstmals raumplanerische, infrastrukturelle und versorgungsseitige Ansätze aus Sicht der „Babyboomer“ und der Kommunen zusammen. Ziel ist es, ein datengestütztes System zu entwickeln, das öffentlichen Akteuren als Entscheidungshilfe in ihren Planungsprozessen dient.

„In diesem Vorhaben verknüpfen wir in idealer Weise zwei zunächst disparat erscheinende Themenfelder – nämlich planerische und soziologische Fragestellungen auf der einen Seite mit den Methoden der künstlichen Intelligenz, Softwareentwicklung und mathematischer Optimierung andererseits,“ führt der Präsident der TU Kaiserslautern, Prof. Dr. Arnd Poetzsch-Heffter aus. „Es ist eine großartige Leistung des gesamten Konsortiums dies als koordiniertes Vorhaben in einem so hochrangigen Förderverfahren erfolgreich zu platzieren. Ich gratuliere den Antragstellern herzlich zu diesem Erfolg.“

Prof. Dr. Annette Spellerberg, Sprecherin des Projekts und Leiterin des Fachgebiets Stadtsoziologie an der TUK, skizziert die Herausforderung: „Aktuell repräsentieren die Jahrgänge 1955 bis 1969 hierzulande rund ein Fünftel der gesamten Bevölkerung. Viele Menschen der Generation Babyboomer wohnen in suburbanen und ländlichen Gebieten, die aufgrund demografischer Entwicklungen und der Digitalisierung ihre Versorgungsstrukturen anpassen müssen.“

Wenn Kommunen die Rentnerinnen und Rentner von morgen beim Wechsel der Lebenssituation optimal begleiten wollen, spielen vielfältige Aspekte eine Rolle. Konkret gilt es, die Bedürfnisse der alternden Menschen, raumplanerische Konzepte und die Versorgungsmöglichkeiten vor Ort in Einklang zu bringen. „In punkto Planung ist es für Kommunen und Regionen wichtig, die richtige Balance zwischen bedarfsgerechten Angeboten, Schwerpunktsetzungen und Tragfähigkeiten zu finden“, verdeutlicht Spellerberg. „Mithilfe von mathematischen Berechnungen möchten wir helfen, räumliche Entwicklungen für alle Beteiligten und mit den Verantwortlichen vor Ort nachhaltig zu gestalten. In unser Projekt beziehen wir zudem den Fortschritt in punkto Digitalisierung mit ein, die Dienstleistungen und Angebote verändert – zum Beispiel, das Einkaufen oder die Mobilität. Nicht zuletzt analysieren wir auch, was die Menschen in ihrem Wohnumfeld möchten und was sie einbringen: Zum Beispiel engagieren sich über die Hälfte der Babyboomer ehrenamtlich.“

Die Aufgabe der Forschenden ist es nun, im Rahmen von „Ageing Smart – Räume intelligent gestalten“ all diese Informationsstränge in einem Entscheidungssystem greifbar zu machen. Sprich, Datenpools und Auswertungsmethoden zu definieren und das gebündelte Wissen mithilfe von mathematischen Verfahren und Künstlicher Intelligenz miteinander zu verknüpfen, um Entscheidungen über Angebote und Dienstleistungen von Kommunen unterstützen zu können.

Im Mittelpunkt des interdisziplinären Forschungsvorhabens stehen zunächst drei prägnante Untersuchungsfelder: Wohnstandorte und damit eng verbunden Anforderungen an Gelegenheiten im Wohnumfeld und die Mobilität, das Verhalten hinsichtlich Freizeit- und Erholungsaktivitäten sowie die Versorgung mit medizinischen und damit verbundenen Gesundheitsinfrastrukturen und Dienstleistungen.

Die Carl-Zeiss-Stiftung fördert „Ageing Smart“ in ihrem Leuchtturmprogramm „Durchbrüche“ zusammen mit fünf weiteren interdisziplinären Forschungsprojekten. Alle Projekte haben intelligente Lösungen für eine älter werdende Gesellschaft im Blick und werden mit insgesamt rund 25 Mio. Euro gefördert. Dr. Felix Streiter, Geschäftsführer der Carl-Zeiss-Stiftung, unterstreicht die Bedeutung des Forschungsthemas wie folgt: „Die Gesellschaft steht mit dem demografischen Wandel vor erheblichen Herausforderungen, insbesondere im Bereich Pflege. Neue Forschungsansätze zur Digitalisierung können wichtige Impulse setzen, um diese Herausforderungen zu meistern. Dazu zählen Erkenntnisse aus der Grundlagenforschung genauso wie anwendungsorientierte Lösungen beispielsweise in Form von assistierender Robotik.“

Das Vorhaben der TUK ist im Rahmen der Forschungsinitiative (FI) des Landes Rheinland-Pfalz eingebettet in den universitären Potentialbereich „Region und Stadt“ (Sprecherin Prof. Dr. Gabi Troeger-Weiß), der eng zusammenarbeitet mit dem Potentialbereich „MathApp – Mathematics applied to real-world challenges“ der FI. Folgende Bereiche an der TUK bringen ihre Expertise in das koordinierte Vorhaben ein: aus dem Fachbereich Raum- und Umweltplanung die Fachgebiete und Lehrstühle Digitalisierung, Visualisierung (JProf. Dr.-Ing. Martin Berchtold), Physische Geografie (Prof. Dr. Sascha Henninger), Kommunal-Ökonomie (Prof. Dr. Martin Junkernheinrich), Stadtplanung (Prof. Dr.-Ing. Detlef Kurth), Internationale Planungssysteme (Prof. Dr.-Ing. Karina Pallagst), Stadtsoziologie (Prof. Dr. Annette Spellerberg) und Regionalentwicklung – Raumordnung (Prof. Dr. Gabi Troeger-Weiß), sowie die Arbeitsgruppe Optimierung aus dem Fachbereich Mathematik (Prof. Dr. Stefan Ruzika), die Lehrstühle Wissensbasierte Systeme und Software Engineering aus dem Fachbereich Informatik (Prof. Dr. Prof. h.c. Andreas Dengel und Prof. Dr.-Ing. Peter Liggesmeyer). Zur Forschung tragen außerdem bei das Deutsche Zentrum für Künstliche Intelligenz (DFKI) und das Fraunhofer-Institut für Experimentelles Software Engineering (IESE).

 

Über die Carl-Zeiss-Stiftung
Die Carl-Zeiss-Stiftung hat sich zum Ziel gesetzt, Freiräume für wissenschaftliche Durchbrüche zu schaffen. Als Partner exzellenter Wissenschaft unterstützt sie sowohl Grundlagenforschung als auch anwendungsorientierte Forschung und Lehre in den MINT-Fachbereichen (Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik). 1889 von dem Physiker und Mathematiker Ernst Abbe gegründet, ist die Carl-Zeiss-Stiftung eine der ältesten und größten privaten wissenschaftsfördernden Stiftungen in Deutschland. Sie ist alleinige Eigentümerin der Carl Zeiss AG und SCHOTT AG. Ihre Projekte werden aus den Dividendenausschüttungen der beiden Stiftungsunternehmen finanziert.

Bu: Prof. Dr. Annette Spellerberg ist Sprecherin des Projekts „Ageing Smart – Räume intelligent gestalte …, TUK / Koziel

Quelle Text/Bild:
TU Kaiserslautern
Hochschulkommunikation
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Kaiserslautern: 08.10.2020