Licht und Schatten bei den Regelungen des Medizinforschungsgesetzes

Kabinettentwurf liegt vor

Das Gesetzesvorhaben bildet einen wesentlichen Teil der im Dezember 2023 von der Bundesregierung beschlossenen Pharmastrategie mit einem weitreichenden Handlungskonzept für den Forschungs- und Produktionsstandort Deutschland. Es verfolgt das Ziel, die Rahmenbedingungen für die Entwicklung, Zulassung und Herstellung von Arzneimitteln sowie Medizinprodukten zu verbessern und den bürokratischen Aufwand bei klinischen Studien zu reduzieren. Der Standort Deutschland soll noch attraktiver für die medizinische Forschung werden sowie Patientinnen und Patienten noch schneller von neuen Therapien profitieren.
Die Kernpunkte sind zum einen die Vereinfachung, Beschleunigung und Entbürokratisierung des Genehmigungsverfahrens für klinische Prüfungen und des Zulassungsverfahrens von Arzneimitteln und Medizinprodukten. Des Weiteren die Einführung vertraulicher Erstattungsbeträge: Auf Wunsch der pharmazeutischen Unternehmen sollen die mit dem GKV-Spitzenverband vereinbarten Erstattungsbeträge bei Arzneimitteln mit neuen Wirkstoffen vertraulich bleiben. Die Krankenkassen sollen zukünftig einen Anspruch auf Ausgleich der Differenz zwischen dem von ihnen zunächst tatsächlich gezahlten Abgabepreis und dem nicht öffentlich bekannten Erstattungsbetrag erhalten. Diese Regelung basiert auf dem Hinweis der pharmazeutischen Unternehmen, dass ein öffentlich bekannter Erstattungsbetrag Einfluss auf die Höhe der Preise in anderen Ländern habe, da viele Länder bei ihrer Preisbildung auf den deutschen Preis Bezug nähmen und damit zu Lasten der Branche gehe.
„Die Schritte zur Stärkung des Forschungsstandorts Deutschland, bei gleichzeitiger Wahrung der Interessen der Patienten und Patientinnen, stützt das Gesundheitssystem. Es ist gut, dass Genehmigungsverfahren für klinische Prüfungen vereinfacht und beschleunigt werden sollen. Wichtig ist dabei allerdings, die Patientensicherheit weiter im Blick zu behalten und die hohen Standards für die Sicherheit von Patientinnen und Patienten zu wahren“, sagt Dr. Martina Niemeyer, Vorstandsvorsitzende der AOK Rheinland-Pfalz/Saarland – Die Gesundheitskasse.
Niemeyer mahnt zugleich an: „Das geänderte Reglement zur Preisbildung von Arzneimitteln, sprich die Vertraulichkeit des Erstattungsbetrags für neue Arzneimittel ist für die gesetzliche Krankenversicherung nicht erstrebenswert. Es entsteht hier ein enormer bürokratischer Mehraufwand für die Krankenkassen und erheblichen Mehrausgaben sind erwartbar. Das belastet die stark beanspruchte Versichertengemeinschaft zusätzlich.“ Die Krankenkassen seien genötigt Millionen an Beitragsgeldern für neue Prozesse zur Rückerstattung sowie ein neues Mahnwesen aufwenden. Zudem würden Instrumente zur Sicherung der Wirtschaftlichkeit abgeschafft, wenn man im Rahmen der Nutzenbewertung von Arzneimitteln dann nicht die wirtschaftlichste, zweckmäßige Therapie ausweisen kann und die Ärzteschaft oder Apotheken die Kosten einer Therapie nicht abschätzen und folglich Arzneimitteln nicht mehr entsprechend preisgünstig einsetzen können.
Zum Wirtschaftlichkeitsgebot des Sozialgesetzbuches steht das Gesetzesvorhaben damit im Widerspruch. Durch den zusätzlichen Verwaltungsaufwand bei den Krankenkassen sowie das weiter steigende Preisniveau neuer Arzneimittel wird die Versichertengemeinschaft gleich doppelt belastet – mit negativen Auswirkungen in Milliardenhöhe auf die derzeit ohnehin herausfordernde Finanzlage der gesetzlichen Krankenversicherung. Diese wird zudem mit weiteren Gesetzesvorhaben des Bundesgesundheitsministeriums über Gebühr strapaziert.



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Quelle Text/Bild:
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Kaiserslautern, 16.04.2024