Stellungnahme der Science and Innovation Alliance Kaiserslautern (SIAK) zum Klimawandel und zu Scientists for Future (S4F)

Der Klimawandel ist ein weltweit deutlich sichtbarer Vorgang, der alle Regionen betrifft, also kein abstrak- tes Phänomen in weit entfernten Gebieten wie der Arktis. Klimawandel findet heute ganz konkret spürbar vor unserer Haustür statt: sichtbare Veränderungen der Flora und Fauna, wiederholtes Auftreten von Extremwettersituationen, wie Hitze- und Kälterekorde, langen Trockenzeiten, Starkregen und Überschwemmungen sowie Stürmen. Diese Ereignisse führen jeweils zu regional begrenzten, aber sehr hohen Schäden und in ihrer Gesamtheit zu Herausforderungen für Wirtschaft und Gesellschaft.
Einige Beispiele für Ereignisse aus unserer Region:
• Überschwemmungen in Kaiserslautern und Mölschbach im Juni 2018 bei Starkregen
https://www.kaiserslautern.de/buerger_rathaus_politik/medienportal/pressemitteilungen/050800/index.html.de
• Nachgewiesener Anstieg der mittleren Temperatur in Kaiserslautern von 2°C bis 2018 womit das 1,5 – 2° -Ziel des Pariser Klimaschutzabkommens bezogen auf Kaiserslautern bereits jetzt ver- fehlt ist.
https://www.kaiserslautern.de/mb/themen/umwelt/klima/klimaanpassungskonzept.pdf
• Waldschäden in RLP durch Trockenheit und infolge davon Borkenkäfer-Befall
https://www.fawf.wald-rlp.de/de/veroeffentlichungen/waldzustandsbericht/
• Flächenbrände durch extreme Trockenheit im IG Nord, Fockenberg und Sembach im Juli 2019
https://de-de.facebook.com/pg/FFRodenbach/posts/
• Sturmschäden in Südpfalz, Neuwied, Koblenz, Luxemburg im August 2019 Beispiele für Maßnahmen in unserer Region:
• Solarkataster der Stadt Kaiserslautern (Projekt „Solarstadt Kaiserslautern“, 2004)
http://geoportal.kaiserslautern.de/mapbender3/application/solar
• Seit 2016 Entwicklung und Umsetzung einer Klimaanpassungsstrategie der Stadt Kaiserslautern
„Masterplan 100% Klimaschutz 2017 – 2050“ und Einrichtung eines Masterplanbeirats. Dezi- dierte Analyse von Sonnenenergie-Eintrag, Wetterereignissen, Verkehr, geografischen Gegeben- heiten und deren Einfluss bspw. auf Frischluftversorgung der Stadt, Wohlbefinden der Bevölke- rung oder Entwässerung bei Starkregen. Konkrete Projekte, bspw. zur Minderung der Tempera- turen in der Stadt, zur Bewältigung von Starkregen, zur Erhöhung der Nutzung Erneuerbarer Energien.
https://www.kaiserslautern.de/sozial_leben_wohnen/umwelt/klimaanpassung/index.html.de
• Ähnliche Masterpläne in der Region (z.B. Enkenbach-Alsenborn in 2014; Verbandsgemeinde Weilerbach: Integriertes Klimaschutzkonzept in 2014)
https://www.enkenbach-alsenborn.de/fileadmin/user_upload/media/pdf/%C3%96kologie/Masterplan_Gemeinde_Enkenbach-Alsenborn_end.pdf
• Ausrufung Klimanotstand in Landau (August 2019)
https://www.swr.de/swraktuell/rheinland-pfalz/Was-der-Beschluss-bedeutet-Einige-Staedte-in-Rheinland-Pfalz-koennten-Klimanotstand-ausrufen,klimanotstand-102.html

Der Klimawandel ist eine immense gesellschaftspolitische Herausforderung, der sofortiges, langfristig orientiertes und konsequentes politisches Handeln einfordert. Ignorieren ist keine Option. Offensichtlich reichen die bislang eingeleiteten Maßnahmen bei weitem nicht aus. Für Wissenschaft und Wirtschaft ist die Bewältigung des Klimawandels eine vorrangige Aufgabe, zugleich aber auch eine große Chance führende Positionen bei der Entwicklung von innovativen Lösungen, die zum Klimaschutz beitragen, einzunehmen.
Die SIAK schließt sich uneingeschränkt der Stellungnahme der Scientists for Future an (https://www.sci- entists4future.org/stellungnahme).

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Stellungnahme von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern zu den Protesten für mehr Klimaschutz – #Scientists4Future
Die Anliegen der demonstrierenden jungen Menschen sind berechtigt
Zurzeit demonstrieren regelmäßig viele junge Menschen für Klimaschutz und den Erhalt unserer natürlichen Lebens- grundlagen. Als Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler erklären wir auf Grundlage gesicherter wissenschaftlicher Erkenntnisse: Diese Anliegen sind berechtigt und gut begründet. Die derzeitigen Maßnahmen zum Klima-, Arten-, Wald-, Meeres- und Bodenschutz reichen bei weitem nicht aus.
Das Übereinkommen von Paris, meist als Pariser Klimaschutzabkommen bezeichnet, von 2015 (UN FCCC, 2015) verpflichtet die Staaten völkerrechtlich verbindlich, die globale Erwärmung deutlich unter 2 °C zu halten. Darüber hinaus haben alle Länder Anstrengungen versprochen, die Erwärmung auf 1,5 °C zu begrenzen.
Es kommt nun darauf an, die Netto-Emissionen von CO2 und anderen Treibhausgasen schnell abzusenken und weltweit spätestens zwischen 2040 und 2050 auf null zu reduzieren (IPCC, 2018). Eine schnellere Absenkung erhöht hierbei die Wahrscheinlichkeit, 1,5 °C nicht zu überschreiten. Die Verbrennung von Kohle sollte bereits 2030 fast vollständig beendet sein, die Verbrennung von Erdöl und Erdgas gleichzeitig reduziert werden, bis alle fossilen Energieträger durch klimaneutrale Energiequellen ersetzt worden sind. Unter Berücksichtigung von globaler Klimagerechtigkeit müsste in Europa dieser Wandel sogar noch deutlich schneller ablaufen (IPCC, 2018; Global Carbon Project, 2018).
Auch wenn weiterhin Beteiligungs- und Diskussionsbedarf besteht: Jetzt muss gehandelt werden. Beides schließt ei- nander nicht aus. Es gibt bereits viele gesellschaftliche und technologische Innovationen, die Lebensqualität erhalten und menschliches Wohlergehen verbessern können, ohne unsere natürlichen Lebensgrundlagen zu zerstören (siehe zum Beispiel Klima-Allianz Deutschland, 2018; WBGU, 2011).
In allen deutschsprachigen Ländern werden beim Umbau der Bereiche Energie, Ernährung, Landwirtschaft, Res- sourcennutzung und Mobilität die notwendige Größenordnung und Geschwindigkeit nicht erreicht. Deutschland wird die selbstgesteckten Klimaschutzziele für 2020 verfehlen (UBA, 2019) und auch die Erreichung der Ziele der Deut- schen Nachhaltigkeitsstrategie für 2030 ist hochgradig gefährdet (Sachverständigen Rat für Umwelt, 2018). Zudem mangelt es weiterhin an einem wirksamen Klimaschutzgesetz. Österreich hat sich in seiner Klima- und Energiestra- tegie Ziele gesetzt, die dem Pariser Vertrag in keiner Weise gerecht werden (CCCA, 2018; Wegener Center für Klima und Globalen Wandel, 2018; Schleicher und Kirchgast, 2019) und selbst dafür sind weder die erforderlichen Maßnah- men noch die finanziellen Mittel vorgesehen (CCCA, 2018). Zugleich sind Bodenverbrauch und -versiegelung pro Person und Jahr in Österreich die höchsten in Europa (UBA, 2018). Die Schweiz hat ihre Treibhausgas-Emissionen seit 1990 nur geringfügig verringert; gleichzeitig stiegen die im Ausland verursachten Emissionen erheblich an (BAFU, 2018). In der ersten parlamentarischen Debatte zur Totalrevision des CO2-Gesetzes wurden die inländischen Redukti- onsziele gestrichen und die Reduzierung der Schweizer Emissionen sollte durch Kompensation im Ausland erfolgen. Schließlich ist das Gesetz vorläufig gescheitert (Schweizer Parlament, 2018).
Die jungen Menschen fordern zu Recht, dass sich unsere Gesellschaft ohne weiteres Zögern auf Nachhaltigkeit aus- richtet. Ohne tiefgreifenden und konsequenten Wandel ist ihre Zukunft in Gefahr. Dieser Wandel bedeutet unter ande- rem: Wir führen mit neuem Mut und mit der notwendigen Geschwindigkeit erneuerbare Energiequellen ein. Wir setzen Energiesparmaßnahmen konsequent um. Und wir verändern unsere Ernährungs-, Mobilitäts- und Konsummuster grundlegend.
Vor allem die Politik steht in der Verantwortung, zeitnah die notwendigen Rahmenbedingungen zu schaffen. Insbe- sondere muss klimafreundliches und nachhaltiges Handeln einfach und kostengünstig werden, klimaschädigendes Handeln hingegen unattraktiv und teuer, zum Beispiel durch wirksame CO2-Preise (EFI, 2019), Einstellung von Sub- ventionen für klimaschädliche Handlungen und Produkte, Effizienzvorschriften und soziale Innovationen. Eine sozial ausgewogene Verteilung von Kosten und Nutzen des Wandels ist dabei unerlässlich.
Die enorme Mobilisierung der neuen Bewegungen (Fridays for Future in Deutschland und Österreich, Klimastreik in der Schweiz) zeigt, dass die jungen Menschen die Situation verstanden haben. Ihre Forderung nach schnellem und konsequentem Handeln können wir als Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler nur nachdrücklich unterstreichen. Als Menschen, die mit wissenschaftlichem Arbeiten vertraut sind und denen die derzeitigen Entwicklungen große Sorgen bereiten, sehen wir es als unsere gesellschaftliche Verantwortung an, auf die Folgen unzureichenden Handelns hinzuweisen (siehe auch Ripple et al., 2017).
Nur wenn wir rasch und konsequent handeln, können wir die Erderwärmung begrenzen, das Massenaussterben von Tier- und Pflanzenarten aufhalten, die natürlichen Lebensgrundlagen bewahren und eine lebenswerte Zu- kunft für derzeit lebende und kommende Generationen gewinnen. Genau das möchten die jungen Menschen von Fridays for Future und Klimastreik erreichen. Ihnen gebührt unsere Achtung und unsere volle Unterstüt- zung.

Quelle Text/Bild:
Science and Innovation Alliance Kaiserslautern e.V.
Paul-Ehrlich-Str. Geb. 32, 416
67663 Kaiserslautern

www.science-alliance.de

Kaiserslautern, 17.09.2019