Nach pfälzischem Vorbild – Bayern führte vor 190 Jahren Bezirke ein

Am 15. August 1828 wurde in einem Gesetz beschlossen, nach pfälzischem Vorbild auch in den rechtsrheinischen Kreisen des Königreichs Bayern sogenannte Landräthe einzuführen.

Der Landrath der Pfalz, ein ursprünglich 20-köpfiges Kollegialorgan, hatte sich aus dem Departementalrat Donnersberg, dem Conseil général, entwickelt, den Napoleon im Jahr 1800 in ganz Frankreich und folglich auch im besetzten linksrheinischen Gebiet eingeführt hatte. Er bestand aus wohlhabenden Bürgern, die als Vertreter der Geistlichkeit, der Städte und Märkte sowie der Landeigentümer die Interessen der Region gegenüber der Zentrale in München vertraten und die bayerische Regierung mit ihrer Orts- und Lokalkenntnis berieten. Allerdings waren die dem Landrath angehörenden Repräsentanten nicht frei gewählt, sondern wurden vom König ernannt. Zwar gehörten sie als Vertreter der höchsten Steuerklassen den oberen sozialen Schichten an, dennoch ließen sie sich in ihrer Politik nicht von ihren eigenen Interessen oder die ihrer Klientel leiten, sondern kümmerten sich um die Belange der ganzen Region und sorgten sich um die Lebenserfordernisse der gesamten Bevölkerung. Einmal im Jahr kamen sie für 15 Tage in Speyer, dem Sitz der Kreisregierung, zusammen, um ihre ehrenamtlichen Aufgaben zu bewältigen. Dazu gehörten die Verteilung von Steuerlasten, die Entscheidung über Steuerreklamationen und -verminderungsgesuche, der Beschluss über die Höhe der kommunalen Zuschläge auf die Staatssteuern sowie die Übermittlung der Wünsche der Bevölkerung.

Seitdem die Pfalz beim Wiener Kongress 1816 Bayern zugesprochen wurde, betrachtete die bayerische Regierung die „rheinischen Institutionen“ als Experiment und Modell und verfolgten sehr genau die Entwicklungen und Folgen, die sich aus deren Tätigkeit ergaben. Das Ergebnis war positiv, denn der König fand bereits 1821 „besondere Wohlgefallen“ und die „allerhöchste Zufriedenheit“ dafür. Und so kam es, dass der Fortbestand des Landraths in einem königlichen Beschluss vom 5. Oktober 1818 bestätigt wurde. Immer wieder gab es Bestrebungen, den Landrath auch in den übrigen Teilen Bayerns einzuführen und auch Kronprinz Ludwig sprach sich bei einer Audienz für eine Delegation aus Vertretern der fünf größten Pfälzer Städte (Zweibrücken, Kaiserslautern, Speyer, Frankenthal und Landau) am 4. November 1825 dafür aus: „…denn was gut und schätzbar ist, muss man nicht nur nicht abschaffen, sondern wo möglich allenthalben einführen“. Die Delegation berichtete auch, dass er das Gremium „für höchst nützlich hält“. Doch es dauerte noch drei Jahre, bis das Landrathsgesetz für ganz Bayern erlassen wurde, das am 1. Januar 1829 in Kraft trat. Nun wurden nicht mehr 20, sondern 24 Bürger im jeweiligen Kreis in den Landrath berufen. Schließlich erfolgte 1838 die Umbenennung des Rheinkreises in Pfalz und aus dem Landrath der Pfalz erwuchs im Laufe der Zeit der Bezirkstag Pfalz, der aufgrund seiner Geschichte durchaus als älteste Volksvertretung auf deutschem Boden angesehen werden kann. Fortbestand bis heute haben auch die bayerischen Bezirke Oberbayern, Niederbayern, Oberpfalz, Oberfranken, Mittelfranken, Niederfranken und Schwaben. Wer sich genauer über die Entwicklung des Bezirksverbands Pfalz informieren möchte, erhält Auskunft beim Archivar Ulrich Burkhart, Telefon 0631 89290338, u.burkhart@bv-pfalz.de.

BU: Hielt große Stücke auf den Landrath: König Ludwig I. von Bayern zieht mit seiner Königin am 7. Juni 1829 in die Kreishauptstadt Speyer ein

Quelle Text/Bild:
Bezirksverband Pfalz, Referat Öffentlichkeitsarbeit,
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Kaiserslautern, 23.07.2018