Stellungnahme zur Wahl der Queerbeauftragten und bezüglich der Anfeindungen zur Berichterstattung über die Queerbeauftragte

in Kaiserslautern

Wir begrüßen ausdrücklich, dass die Stadt Kaiserslautern eine Queerbeauftragtenstelle geschaffen hat, obwohl die Relevanz ja nicht von allen Parteien gleichermaßen hoch erachtet wird. Mit der Wahl von Nadja Roeder als erste Queerbeauftragte, gibt es nun endlich eine Person, die sich öffentlich und im Stadtrat für die Belange und Interessen queerer Menschen einsetzt. Die Queeren Vereine und Ini- tiativen freuen sich auf den Austausch und die Zusammenarbeit mit Nadja Roeder. Gemeinsam mit der Queerbeauftragten möchten wir weiter für mehr Akzeptanz, Gleichheit und Gerechtigkeit für queere Menschen einstehen.
Jedoch sind wir schockiert und tief betroffen von den Anfeindungen und dem Hass hinsichtlich der Berichterstattung zum Amtsantritt von Nadja Roeder als Queerbeauftragte der Stadt Kaiserslautern.
Queerfeindlichkeit, Diskriminierung, Nichtgesehenwerden gehören für viele queere Menschen in Deutschland immer noch zum Alltag. In den letzten Jahren häufen sich gewalttätige Übergriffe auf queere Personen aufgrund ihres „Andersseins“. Lebensbedingungen und rechtliche Regelungen ha- ben sich in den letzten Jahren geändert und teilweise verbessert – von einer Gleichstellung queerer Lebenswelten mit den heteronormativen Lebenswelten sind wir aber immer noch weit entfernt.
Queere Menschen gab es schon immer und leider waren sie auch schon immer von Hass und Aus- grenzung betroffen. Häufig wird in Kommentaren in den Sozialen Medien darauf verwiesen, dass queere Menschen früher besser integriert waren und „alles“ besser war. Dies ist nachweislich falsch. Früher mussten sich queere Menschen noch stärker verstecken, verleugnen und Identitäten leben, die ihnen nicht entsprochen haben.



Bis 1994 gab es in Deutschland noch den §175 Strafgesetzbuch, der homosexuelle Handlungen unter Strafe stellte. Männer, die einvernehmlich Sex miteinander hatten, wurden bestraft und galten als vorbestraft. Erst 2017 hob der Bundestag die Verurteilungen auf und rehabilitierte die Betroffenen.
Bis 2011 mussten sich trans*Personen zwangssterilisieren lassen (was ein klarer Verstoß gegen das Recht auf körperliche Unversehrtheit war und ist), damit ihr Geschlechtseintrag und ihr Namen geän- dert werden konnte.
Und diese Liste könnte noch weitergeführt werden mit Tatsachen, die bis heute Bestand haben.
„Nicht gesehen, nicht erkannt zu werden, unsichtbar zu sein für andere, ist wirklich die existentiellste
Form der Missachtung.“ (Carolin Emcke, deutsche Autorin und Publizistin)

Wie Carolin Emcke es auf den Punkt bringt, ist es für alle Menschen wichtig gesehen zu werden, so wie sie sind, so wie sie lieben, egal wen sie lieben. Aber nicht mehr heimlich, nicht mehr versteckt, nicht mehr verschämt!
Queere Menschen müssen sich überall zeigen können, frei von Hass, Diskriminierung und Ausgren- zung – aber das ist in unserer Gesellschaft, das ist in Kaiserslautern noch lange nicht möglich.
Aus diesem Grund braucht es Menschen, die für das Gesehen-werden-können kämpfen und sich zei- gen, dafür braucht es eine Queerbeauftragte für Kaiserslautern, dafür braucht es Nadja Roeder, stell- vertretend für uns, für alle queeren Menschen, die sich nicht offen zeigen können, die zum Teil in Angst leben, die verbal angegriffen werden, die geschlagen und getreten werden.
Wir wissen und hoffen, dass Queerfeindlichkeit nur einen kleinen Teil der Bevölkerung betrifft und deshalb bitten wir alle Menschen, die es nicht betriff: Treten Sie gegen Queerfeindlichkeit ein, lassen sie Hass im Alltag, in den sozialen Medien nicht unkommentiert stehen! Helfen Sie, wenn Menschen in Bedrängnis sind! Zeigen Sie, dass Deutschland, dass Kaiserslautern offen für Queere Menschen ist und dass die Mehrheit der Gesellschaft sich gegen Gewalt und Hass gegen queere Menschen stellt!

Für das Netzwerk „Queer in KL“:
Vorstand Queer Devils – Schwul-lesbischer Fanclub des 1. FC Kaiserslautern Vorstand lauterjungs und -mädels e.V.
Vorstand Queeres Zentrum Kaiserslautern e. V. (in Gründung) Vorstand Lebenswerk eG
Vorstand Verband Lesbischer und Schwuler Polizeibediensteter – Rheinland-Pfalz Initiator*innen der Queerulant*innen – Queer-feministischer Stammtisch Kaiserslautern pro familia Kaiserslautern
Lena Olivia Karch – Queeres Zentrum Kaiserslautern e.V. (in Gründung)
Claudia Kettering – Referentin für Frauenarbeit der Ev. Arbeitsstelle Bildung und Gesellschaft Dieter Kilian – VelsPol Rheinland-Pfalz
Joachim Geimer – Lebenswerk eG, fairness-Kaufhaus
Torsten Wilhelm – Queerulant*innen Kaiserslautern, pro familia Kaiserslautern

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Quelle Text/Bild:
Queerulant*innen
c/o pro familia Kaiserslautern
Torsten Wilhelm
Maxstr. 7
67659 Kaiserslautern

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Kaiserslautern, 26.04.2023