Statement von Fridays for Future zum Energiekrieg mit Putin

Es herrscht Krieg in Europa – eine Situation, die wir nie (wieder) erleben wollten. Gleichzeitig finden überall Demos und Kundgebungen statt, die die Hoffnung in uns stärken, aus dieser Situation möglichst bald wieder herauszukommen. Es ist jedoch ganz klar und auch richtig so, dass in den Sozialen Medien und von der Presse vor allem über die negativen Aspekte gesprochen wird. Dennoch (oder genau deswegen) haben wir uns entschieden, in diesem Statement auch die Chancen des Kriegs zu betonen.

„Wir stecken in einer Krise, die den nicht betroffenen Menschen auch Hoffnung gibt“, sagt Sina Ellinghaus von Fridays for Future Kaiserslautern. „Um diese Hoffnung zu verstehen, müssen wir den Krieg intersektional, also unter Einbezug verschiedener Aspekte, wie beispielsweise die Art der Kooperation der Staaten des Globalen Nordens betrachten: Als Teil eines Systems, in dem weiße Machtmänner Profite über alles andere stellen und dabei vergessen, dass sie von allem anderen genauso abhängig sind wie von Profiten.“

Als im Sommer 2021 eine Jahrhundertflut auf Teile Deutschlands herabregnete, haben wir schon einmal erlebt, welche Krisen wenige Zehntel Grad Klimaerwärmung hervorbringen können. Schon damals waren viele überrascht, dass eine Klimakatastrophe so schnell hier vor Ort eintreten würde, bei uns in Deutschland, in Rheinland-Pfalz, quasi direkt vor der Haustür. Die Kriege, die um fossile Ressourcen entstehen, waren stets noch viel weiter von uns weg. Nun holt uns die Realität ein.

„Auch wir trauern und solidarisieren uns mit den Menschen in der Ukraine“, so Leah Barsties von Fridays for Future Kaiserslautern. „Wir sind Teil der Klimagerechtigkeitsbewegung. FFF Russland und FFF Ukraine haben sich im übertragenen Sinne bereits öffentlich die Hand gegeben und die internationale Bewegung plädiert für die weltweite Abrüstung, um nachhaltige Sicherheit zu schaffen. Viele Aktivist*innen arbeiten an Strategien, den Krieg so schnell wie möglich zu beenden und problematische Systeme zu ersetzen.“

Doch nicht nur die Ukraine befindet sich mit Russland im Krieg: Der nun beginnende Energiekrieg zwischen Deutschland und Russland muss ebenso schnell beendet werden. Jahrzehntelang bezahlten wir das autokratische System eines Landes, das die Hälfte seines Geldes mit dem Export fossiler Energien verdient. Deutschland bezieht derzeit 50% seiner Kohle, 50% seines Öls und 30% seines Gases von Russland. Unsere Regierung hat einen Teil der Waffen bezahlt, mit denen Putin gerade die Ukraine angreift.

Dass wir in genau dieser Situation nun abhängig von den fossilen Energien Russlands sind, zeigt das Versagen unserer von Männern beherrschten Außenpolitik. Wir erinnern unter anderem an deren Kampf für den Bau der Gaspipelines Nordstream 1 und 2. Es ist richtig und wichtig, dass im Herbst angekündigt wurde, dass wir eine feministischere Außenpolitik wagen wollen, denn nur so können wir uns von den patriarchalen Strukturen befreien, die für die heutigen Ungerechtigkeiten verantwortlich sind, und sie durch friedvollere ersetzen.

Die Tatsache, dass wir immer noch fossile Rohstoffe aus Russland beziehen und die Politik sich jetzt darüber wundert, macht uns in der Klimagerechtigkeitsbewegung unglaublich wütend. Fridays for Future gibt es erst seit drei Jahren, doch unser Kampf ist viel älter. Seit 40 Jahren warnen wir davor, dass die Klimaerhitzung Dürren, Ernteausfälle, Artensterben, Waldbrände, Fluten – und: Kriege! – auslösen wird, wenn wir nicht schnell handeln.

Allerdings lähmt uns unsere Wut nicht, sie gibt uns Mut. Denn wir wissen, dass wir mit Krisen umgehen können. „In jeder Krise steckt eine Chance – das wussten schon unsere frühesten Vorfahren,“ erinnert Sidney Schwalbach von Fridays for Future Kaiserslautern. „In der Klimakrise liegt die Chance auf ein gutes Leben für alle. Im Energiekrieg zwischen Deutschland und Russland liegt die Chance, dass die Klimakrise in der europäischen Politik endlich ernst genommen wird und wir endlich mit Hochdruck daran arbeiten, dass nicht noch mehr Menschen im Globalen Süden wegen den Entscheidungen unserer Politik sterben oder ihre Heimat verlassen müssen. Dieser Krieg könnte also dazu führen, dass die Menschen im Globalen Süden endlich die Gerechtigkeit erfahren, die sie genauso sehr verdient haben wie wir im Globalen Norden.“

Wir hoffen, dass wir nun endlich Hand in Hand mit der Politik an einer friedlicheren Welt arbeiten können. Putin ist in hohem Maße abhängig davon, dass wir fossile Rohstoffe aus Russland beziehen. Die Wirtschaftswissenschaftlerin Claudia Kemfert hat einen Krisenplan in der Frankfurter Rundschau veröffentlicht, dem wir Gehör schenken müssen:

Erster Schritt: Diversifikation der Energieimporte: Gasreserve; Gasspeicher von Russland zurückkaufen, Wasserstoff-Terminals planen
Zweiter Schritt: Heimische Energie ausbauen, Kapazität existierender Anlagen hochfahren Dritter Schritt: Energiesparen und Energie- sowie Mobilitätswende vorantreiben

„Tschernobyl hat uns gezeigt, dass wir in der Energiepolitik zu konsequenten Entscheidungen fähig sind“, so Schwalbach. „Dieser Krieg könnte tatsächlich unsere wunderschöne Mutter Erde retten.“ Sina Ellinghaus ergänzt: „Und doch dürfen wir nicht vergessen, dass gerade Menschen sterben, Angehörige trauern, Kinder traumatisiert werden. Dagegen können wir in Kaiserslautern leider nicht viel tun. Doch auch hier haben viele Menschen Angst. Es ist jetzt wichtig, dass wir uns gegenseitig offene Ohren schenken und vielleicht auch mal wieder einen gemütlichen Abend zusammen verbringen.“

Fridays for Future Kaiserslautern weist außerdem darauf hin, dass andere Menschen bereits viele wichtige Projekte realisieren und ruft dazu auf, an Friedenskundgebungen teilzunehmen, Geld oder Sachen zu spenden und Schlafplätze oder Übersetzungshilfe für Schutzsuchende anzubieten.

Fragen können Sie gerne schriftlich an info@fff-kl.de stellen – wir freuen uns, diese schnellstmöglichst beantworten zu dürfen.

Quelle Text/Bild:
Fridays for Future Ortsgruppe Kaiserslautern

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Kaiserslautern, 01.03.2022

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