Lesetipps von der Buchhandlung „blaue Blume“ 13.06.

Jochen Schmidt – Ein Auftrag für Otto Kwant
Otto Kwant steht vor der Herausforderung seines Lebens: Eben noch ist der Architekturstudent mit seinem Chef nach Urfustan gereist, wo sein Chef einen großen Auftrag übernehmen möchte. Doch nachdem dieser plötzlich verschwunden ist, soll Kwant selbst für Diktator Zültan Tantal den „Palast der Demokratie“ bauen und das (postsowjetische) Land mit aufsehenerregender Architektur ins 21. Jahrhundert holen. Als plötzlich alle an ihm ziehen, auch ein Geheimdienst, will er aus dem Land, in dem Kugelstoßen Nationalsport ist, fliehen, kommt ins Gefängnis, das eher eine Psycho-Anstalt ist, bricht aus, trifft eine deutsche Reisegruppe und Aussiedler … Jochen Schmidt hält für seinen Helden noch so einige Abenteuer bereit – und für den Leser eine herrlich komische, klug beobachtete Geschichte, die immer haarscharf zwischen absurd und erhellend hin und her pendelt. Ein Abriss zur modernen Architekturgeschichte steht neben Slapstick-Einlagen: Jochen Schmidt beherrscht alle Register und bringt uns zeitgleich zum Lachen und Staunen.
Roman | C.H. Beck | 347 Seiten | 23,00 Euro

Luo Lingyuan
Die chinesische Orchidee
Roman | Louisoder | 382 Seiten | 24,00 Euro
China in den 1990er-Jahren, bis fast in die Gegenwart: Su Lifei ist Mitte Zwanzig, verheiratet und Mutter, als sie auf einem Fest den Vizegouverneur Kang Yimiao kennenlernt, der sich entschließt, sie zu seiner Geliebte zu machen. Su Lifei, die aus einer geächteten Familie stammt, steht damit vor der einmaligen Möglichkeit zum gesellschaftlichen Aufstieg: Mit klugem Kopf, den richtigen Beziehungen zur Partei, Mut zur Korruption und der Bereitschaft, für mehr Macht auch mit Sex zu bezahlen, öffnen sich Su immer mehr Türen. Mitten im Kommunismus sind plötzlich Geld und Kontakte das Wichtigste im Leben. Doch wehe, man fällt bei der Partei in Ungnade … Die 1963 in China geborene Luo Lingyuan lebt in Berlin und schreibt auf Deutsch – ihr neuer Roman erlaubt einen fesselnden Einblick in das Innere der chinesischen Gesellschaft und stellt eine Frau in den Mittelpunkt, die ihre Stärke gänzlich anders definiert, als es eine Frau hierzulande vielleicht tun würde. Spannend!

Dilek Güngör
Ich bin Özlem
Roman | Verbrecher | 157 Seiten | 19,00 Euro
Özlem ist in Deutschland aufgewachsen, spricht kaum Türkisch, kennt das Heimatland ihrer Eltern nur von Urlaubsreisen – und wird doch immer wieder zur Türkin gemacht. Als Schülerin in Schwaben, als junge Frau, jetzt als Erwachsene, immer wieder trifft sie diese Zuschreibung. Beziehungsweise macht Özlem sich auch selbst zur Türkin und bringt zu Einladungen Börek mit oder kocht aufwendige Suppe, weil sie denkt, das wird von ihr erwartet. Versteckt als Deutschlehrerin in der Bahn ihr Lehrbuch, damit niemand denkt, sie müsse die Sprache erst noch lernen. Ein Streit unter Freunden oder ein Ausbruch an der Supermarktkasse bringen auch keine Lösung – der Alltagsrassismus, der Wunsch nach klarer Etikettierung und einer einfachen Antwort auf die Frage der „wahren“ Herkunft sind stärker. Dilek Güngörs Roman handelt von Minderwertigkeitsgefühlen, Ausgrenzung und Vorurteilen in unserer „aufgeklärten“ Gesellschaft – aktueller denn je.

Martin Moder
Genpool-Party
Sachbuch | Hanser | 208 Seiten | 19,00 Euro
Martin Moder, Molekularbiologe und Mitglied der Komikertruppe „Science Busters“, will in diesem Buch klären, „wie die Wissenschaft uns stärker, schlauer und weniger unausstehlich macht“ – so verspricht es zumindest der Untertitel. Denn da Menschen schon immer nach Optimierung streben, ist es der Genetik inzwischen gelungen, Wege zu finden, wie wir in unser Erbgut eingreifen können: Der Kampf gegen Fettleibigkeit und für mehr Intelligenz wird inzwischen auf molekularer Ebene ausgefochten. Moder findet in seinem Buch einen herrlichen Plauderton voller Seitenhiebe auf unseren Alltag – nicht umsonst ist er „Europameister im Science Slam“. Doch hinter seinen Späßen stecken gut verständliche Erklärungen zu moderner Wissenschaft mit all ihren Möglichkeiten und Gefahren. Ob sich der Mensch genetisch verbessern lässt, wird hier ebenso kurzweilig wie fundiert verhandelt.

Krystal Sutherland
Es muss ja nicht perfekt sein
Jugendbuch (ab 14) | cbj | 400 Seiten | 15,00 Euro
In Esther Solars Familie scheint jedeR panische Angst vor etwas zu haben – ihr Vater hat Platzangst, ihr Zwillingsbruder meidet Dunkelheit, und ihre Mutter fürchtet sich vor Unglücken. Offenbar ist die Familie tatsächlich verflucht, weshalb Esther selbst allem ausweicht, was in ihr eventuell Furcht auslösen könnte. Sie hat sich sogar eine Liste mit 50 Dingen aufgestellt, die sie unbedingt meiden will wie etwa Friedhöfe, Höhlen oder Motten. Dann trifft sie Jonah wieder, den Jungen aus der Grundschule, in den sie unglaublich verliebt war, bis er eines Tages verschwand. Was wie ein Spiel beginnt, wird viel größer, als er sie dazu bringt, sich jedes Wochenende einer Angst zu stellen: 50 Wochenenden, um sich mit irrationalen Gedanken auseinanderzusetzen. Dabei wächst auch die Beziehung zu Jonah … Krystal Sutherland zeigt uns in ihrem wunderbaren, außergewöhnlichen Roman, dass man nicht perfekt sein muss, um gut zu sein. Eine Leseempfehlung! (Aus dem Amerikanischen von Henriette Zeltner)

Quelle Text/Bild:
buchhandlung blaue blume
Richard-Wagner-Str. 46
67655 Kaiserslautern

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Kaiserslautern, 13.06.2019